Zuflucht in der DR Kongo
Fotos & Filme: Nyokabi Kahura/Malteser International
In DR Kongo
Auf der Suche nach Sicherheit, müssen Frauen, Männer und Kinder tagelange Märsche auf sich nehmen, um die Grenze zu überqueren, und das ohne Wasser oder Nahrung. Ihre Heimat im Südsudan verlassen sie in Windeseile, nur mit dem bepackt, was ihre Hände tragen können. Die, die es sich leisten können, kommen auf Fahrrädern, Motorrädern oder mit Autos an.
Sechs Tage lang sind wir nur gelaufen. Seit gestern Morgen haben wir nichts mehr gegessen. Außerdem haben wir nichts mehr zu trinken. Wir kommen aus Morobo im Südsudan und wissen nicht, wie lange es noch dauern wird, bis wir es nach Uganda geschafft haben. Zurzeit sind wir insgesamt zehn Personen. Anfangs waren wir mehr, aber gerade eben ist eine meine Töchter weggerannt. Vielleicht ist sie verwirrt, oder sie will einfach wieder zurück nach Hause. Aber dort ist es zu gefährlich. Sie bringen alle um, schlachten sie ab, wie die Tiere. Wir können es uns nicht leisten, mit einem Auto nach Uganda zu fahren.Deshalb gehen wir den ganzen Weg zu Fuß.
Schauen Sie sich sie (die alte Frau) an! Sie ist alt und nun macht ihr Knie ihr zu schaffen. Deshalb hat sie es abgeschnürt und kann dadurch hoffentlich weiter laufen. Sobald wir es bis nach Uganda geschafft haben, wird alles allmählich besser werden. Die meisten Menschen hier in der DR Kongo können uns nicht wirklich helfen, weil sie selber nichts haben.
JUSTIN JUMAS SOHN
Es kam jemand, um mir zu sagen, dass mein Ehemann gestorben war. Seitdem habe ich nicht aufgehört zu weinen.
Ich hatte Windeln dabei, aber weder eine Matratze noch Bettwäsche oder Kleidung zum Wechseln. Ich habe niemandem Probleme gemacht, so bin ich nämlich nicht und nachtragend bin ich auch nicht. Wieso also stößt mir dieses große Unglück zu?
VIOLA ROBA, 34 JAHRE ALT, SUEDSUDANESISCHER FLÜCHTLING IN DER DR KONGO
Die örtliche Bevölkerung in der DR Kongo unternimmt so viel sie kann, um den Flüchtlingen zu helfen. Allerdings sind in dieser Region viele Menschen arm – die Folge der Schließung von Tabakfabriken, in die der Großteil der Bevölkerung seinen Tabak brachte, um ihn zu verkaufen. Nur wenige besitzen das nötige Geld, um ihre Familien zu ernähren. Viele Menschen hier sind daher mangelernährt.
Nachdem sie aus dem Südsudan geflohen war, wurden Rose Laiki und ihre körperlich behinderte Mutter in der DR Kongo zurückgelassen. Der Rest der Familie machte sich auf nach Uganda, in ein Flüchtlingscamp.
Als die Menschen aus dem Südsudan flohen, sind wir beide fast drei Tage lang noch dort geblieben und dann waren schon fast alle Menschen geflohen. Daraufhin lieh sich mein Bruder ein Motorrad aus, um uns eines Nachts in die DR Kongo zu bringen. Diejenigen aus meiner Familie, die konnten, machten sich auf den Weg in ein Flüchtlingscamp, doch ich musste hier bleiben, um mich um meine Mutter zu kümmern, die im Rollstuhl sitzt. Von meiner Familie sind also nur zwei Menschen hier: meine Mutter und ich. Ich habe nichts zu tun den ganzen Tag und es ist sehr schwer, an Essen heranzukommen. Ich habe Kinder, doch ihr Vater hat sie zu sich genommen. Mir ist nur mein Dreijähriges geblieben. Hier hat man uns ein kleines Stück Land gegeben, auf dem wir uns eine Unterkunft bauen konnten. Leider ist dieser Boden nicht fruchtbar. Wir können also nichts anbauen.
ROSE LAIKI, SÜDSUDANESISCHER FLÜCHTLING IN DER DR KONGO
Im Südsudan
Als der Südsudan seine Unabhängigkeit vom Sudan im Jahr 2011 erlangte, sahen viele voller Freude dem Neuanfang entgegen – eine neue Nation, reich an Ölvorkommen und weitflächig fruchtreichem Boden, war geboren. Viele Bewohner dieses Landes verdienen ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft zum Beispiel durch Ackerbau oder Viehzucht.
Die Menschen sahen sich gezwungen das Land zu verlassen und in Zonen zum Schutze von Zivilisten, sogenannten POCs (Protection of Civilian Sites) Zuflucht zu suchen und flohen auch in die benachbarten Länder DR Kongo, Uganda und Kenia. Im Juli 2016 gerieten Regierung und Oppositionelle erneut aneinander, wobei hunderte von Menschen verletzt wurden. Diejenigen, die zurückgekehrt waren, mussten erneut fliehen, und das obwohl sie hoffte, in ihrer Heimat würde bald wieder Normalität einkehren.
Die humanitäre Krise im Südsudan eskaliert zurzeit nicht allein aufgrund des bewaffneten Konflikts, der in Gewalt zwischen den Gemeinschaften gemündet ist. Auch extreme klimatische Bedingungen und eine Dürre, die bereits zur erklärten Hungersnot in Teilen des Landes geführt hat, verschärfen die Lage. Zusätzlich hat eine hohe Inflationsrate von bis zu 600% einen fast täglichen Anstieg der Preise von Lebensmitteln zur Folge.
Und bislang ist für die anhaltende Krise im Südsudan keine politische Einigung vonseiten der beteiligten Parteien in Sicht, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Mehr als 1,5 Millionen Menschen sind weiterhin auf der Flucht in die benachbarten Länder und, angesichts des Mangels an Wasser und Nahrung, auf der dringenden Suche nach Hilfe. Uganda hat mit über 830.000 Menschen den größten Zustrom an Flüchtlingen aus dem Südsudan erlebt. Doch auch die DR Kongo nehmen Flüchtlinge auf, und das obwohl die Menschen im Osten des Landes selbst oft auf internationale Hilfe angewiesen sind. Viele fliehen auch in das Nachbarland Kenia. Fast zwei Millionen Menschen mussten bereits innerhalb des Südsudans ihr Zuhause verlassen oder werden angegriffen, während sich die mediale Aufmerksamkeit anderswohin richtet.
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Viele der Flüchtlinge wollen nicht in der DR Kongo bleiben, sondern weiter nach Uganda, denn dort halten sie es für sicherer und hoffen, dass ihnen in den Camps mehr geholfen werden kann.
Ich heiße Samuel Lujulo und bin 76 Jahre alt. Gerade komme ich zurück aus dem Südsudan, wo ich den Rest unserer Sachen abgeholt habe. Ich bin zusammen mit meiner Familie nach Uganda geflohen. Sie sind dort geblieben. Meine Frau ist krank und liegt im Krankenhaus. Wir mussten vor dem Konflikt im Südsudan fliehen. Zwei Tage lang bin ich nun schon unterwegs. Mein Bein bereitet mir Probleme und ich kann jetzt nur noch humpeln. Ich habe nichts zu essen und die Menschen hier in der DR Kongo können mir auch nicht weiterhelfen, denn sie haben selbst nicht viel. Ich musste Wasser aus den Flüssen trinken.
SAMUEL LUJULO, 76 JAHRE ALT AUS DER NÄHE VON YEI, SÜDSUDAN
Bereits seit Oktober 2014 unterstützt Malteser International bedürftige Familien, mit dem Ziel, die Qualität und Sicherheit ihrer Ernährung langfristig zu stärken. Wir arbeiten im Südsudan zusammen mit Partnern vor Ort daran, Ernährungssicherheit zu garantieren, indem wir landwirtschaftliche Materialien und Saatgut verteilen.
Hierdurch soll der Nahrungsmittelanbau umfangreicher werden und die Erträge steigen. Im Zuge der jüngsten Krise hat Malteser International außerdem Nahrungsmittel verteilt, den Zugang zu Trinkwasser durch 18 Brunnenbohrungen hergestellt, sechs Waschstationen errichtet und verteilt zurzeit monatsweise Seife an rund 19.000 Vertriebene. Zusätzlich helfen wir dabei, etwas Normalität in das Leben der Kinder aus diesem kriegsgebeutelten Land zu bringen, indem wir insgesamt 5.000 Schulkindern täglich eine warme Mahlzeit sowie psychosoziale Unterstützung in einem kindergerechtem Umfeld bieten. Dies sind nötige Maßnahmen in einem übervollen Camp, in dem mehr als 10.000 Menschen auf engstem Raum leben.
Zu dem Massenexodus von Flüchtlingen gen DR Kongo kommen noch zahlreiche kongolesische Rückkehrer hinzu, die ihr Land verlassen hatten und nun genau dort Zuflucht suchen. Beide Gruppen benötigen den dringenden Zugang zu medizinischer Pflege und zu Trinkwasser.
Das ist mein dreijähriger Sohn Nelson Mandela. Und das ist meine Tochter Ayuzu. Sie ist gerade einmal zwei Monate alt.
Wir sind hierher, in das Gesundheitszentrum, gekommen, damit Nelsons Wunde gepflegt werden konnte. Auf der Flucht hatte er einen Unfall.
VIOLA ROBA, 34 JAHRE ALT, SÜDSUDANESISCHER FLÜCHTLING AUS DER DR KONGO
Unser Fokus liegt derzeit auf den Provinzen Ituri und Haut Uélé. Dort hat sich Malteser International als verlässlicher und kompetenter Partner für örtliche Krankenhäuser und Gesundheitszentren bewährt. Mit jahrelanger Erfahrung, wollen wir von Malteser International das Gesundheitssystem vor Ort auf allen Ebenen qualitativ verbessern und funktional umstrukturieren. So kann der Bevölkerung der Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Grundversorgung gewährt werden.
In weiten Teilen der östlichen Demokratischen Republik Kongo leiden die Menschen in den Dörfern, den Schulen und den medizinischen Einrichtungen unter einem chronischen Trinkwassermangel sowie unter anhaltenden unzulänglichen Hygienebedingungen. So werden die Krankheiten, die sich unter diesen Umständen schnell verbreiten können, zu einem ernstzunehmenden Problem. Epidemien sind demnach eine ständige Gefahr, die die örtlichen Gesundheitsstrukturen aufgrund mangelnder Vorbereitung und Mittel nicht bannen können.
Unser Ziel ist es, die Gesundheit sowohl der Flüchtlinge als auch der Einwohner in sieben Gesundheitszonen der DR Kongo zu verbessern. Zudem wollen wir ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber möglichen Epidemien erhöhen, indem wir ihnen einen besseren Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichen, eine sichere Müllentsorgung etablieren und das Bewusstsein der Menschen für verbesserte Hygienepraktiken schärfen.
In der DR Kongo verteilt Malteser International Medikamente und medizinisches Equipment an die Gesundheitszentren (centres de santé) vornehmlich in den Regionen Haut und Bas Uélé, die aufgrund ihrer fehlenden Infrastruktur schlecht bis kaum erreichbar sind. Hierfür nehmen die Mitarbeiter von Malteser International wochenlange abenteuerliche Reisen auf sich, überqueren Flüsse und bringen die Lieferungen zum Teil sogar mithilfe von Schleppern zu Fuß zum Zielort, da einige Straßen den Transport mit anderen Verkehrsmitteln nicht erlauben.
Lesen Sie hier einen ausführlichen Bericht über die Reise der Medikamente!
Nachdem die Flüchtlinge nur wenig Zugang zu Wasser und Nahrung haben, sowie einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, leiden insbesondere Frauen und Kinder unter den schwierigen Lebensbedingungen.
Die Wasserknappheit im Norden Ugandas wird zu einem immer schwerwiegenderen Problem, das durch die Ankunft tausender Flüchtlinge aus dem Südsudan zusätzlich verschlimmert wird. Schließlich steigt dadurch die Wassernachfrage in die Höhe.
Im Rhino Camp (Bezirk Arua), den Siedlungen Oraba und Kuluba (Bezirk Koboko) und im Bidibidi Camp (Bezirk Yumbe) arbeitet Malteser International daran, den Flüchtlingen wie auch der örtlichen Bevölkerung gleichermaßen eine bessere Trinkwasserversorgung zu bieten. Unsere Mitarbeiter verteilen außerdem Hygieneartikel, um die Verbreitung von Krankheiten einzudämmen und junge Frauen während ihrer Menstruation zu unterstützen. Diese sehen sich häufig benachteiligt, da sie aufgrund mangelnder Hygiene und sozialem Stigma etwa nicht in den Schulunterricht gehen können.